Grillhütte oder Klassenzimmer ?
20. September 2018
Manchmal ist die Wortwahl ungemein verräterisch : Während die stellvertretende Schulleiterin der Willy-Brandt-Gesamtschule in Übach-Palenberg Ende September bei der Präsentation des jüngsten „Kammer in der Schule“- Projekts (KidS) der Architektenkammer NRW das geplante Bauwerk als „Freiluftklassenzimmer“ beschrieb, sprachen die Mitglieder der Architektur-Schüler-AG durchgehend von der künftigen „Grillhütte“.Beide Funktionen soll das geplante Bauwerk erfüllen, das die Schülerinnen und Schüler der Gesamtschule am westlichen Rand unseres Bundeslandes seit zweieinhalb Jahren planen.

So soll es einmal werden : Die Schüler*innen und Betreuer*innen im bunten Pavillon-Modell. — Foto : Christof Rose
„Ursprünglich wollten wir einen eigenen Raum für die Arbeit der Schülervertretung bekommen“, beschrieb Jule Schillings den Ausgangspunkt des Projektes vor zweieinhalb Jahren. „Da dies in den Räumlichkeiten unserer Schule nicht möglich war, haben wir uns gedacht : Warum nicht selber etwas auf dem Schulhof planen?“
Die ersten Ideen konkretisierten sich, als es der Gesamtschule gelang, das Vorhaben von der Architektenkammer NRW in die Reihe „Kammer in der Schule“ aufgenommen zu werden. Mit dem Landschaftsarchitekten Andreas Hermanns aus Schwalmtal steht den Schülerinnen und Schülern nun ein Planungsexperte zur Seite, der die Vorstellungen der Jugendlichen aus verschiedenen Jahrgangsstufen zusammenführte und zu einem konkreten Planungsvorhaben weiterentwickelte. „Die Schülerinnen und Schüler hatten viele Ideen skizziert. Nun ging es darum, eine baureiche Planung zu erstellen, den Bauantrag zu formulieren und die Finanzierung sicherzustellen“, berichtete Andreas Hermanns am 17.09.18 in einem Pressegespräch den örtlichen Medien.
„Wir schätzen die Kosten des Projektes ‚Grillhütte‘ gegenwärtig auf 13 000 bis 15 000 Euro“, erläuterte Chiara Philippen (13. Jahrgangsstufe) den Journalisten. „Einen Teil davon wollen wir Schüler selbst über ein Crowdfunding-Projekt mit der VR-Bank leisten.“ Der Großteil der Kosten, so ergänzte die stellvertretende Schulleiterin Heike Schlößer, könne über Mittel bestritten werden, welche die Schule durch den Gewinn zweier „Schulentwicklungspreise“ erzielt habe. „Das KidS-Projekt ist ein Vorhaben außerhalb des üblichen baulichen Rahmens unserer Schule, sodass es nicht über die regulären Budgets laufen könnte“, betonte Heike Schlößer.
Eine Feststellung, die für die Aufnahme eines Projektes in die Reihe „Kammer in der Schule“ unerlässlich ist. Denn wie Gabriele Richter, Vorstandsmitglied der Architektenkammer NRW, erläuterte, zielt die KidS-Reihe darauf ab, Planungs- und Bauprojekte an Schulen in Nordrhein-Westfalen zu ermöglichen, die nicht zum Standardprogramm gehören. „Unser Ziel ist es, Kinder und Jugendliche für ihre gebaute Umwelt zu sensibilisieren, indem wir ihnen die Erfahrung ermöglichen, dass sie ihr bauliches Umfeld selber aktiv beeinflussen und positiv gestalten können.“
Für die beteiligten Schülerinnen und Schüler der Klassen 8, 10 und der Oberstufe der Willy-Brandt-Gesamtschule bedeutete dies, eine umfangreiche Ideenfindung zu betreiben, im Mathe-Unterricht die zur Verfügung stehende Schulhoffläche zu vermessen und Berechnungen zum benötigten Material durchzuführen, Projektbeschreibungen und Anträge zu formulieren und innerhalb und außerhalb der Schule für ihr Anliegen zu werben. „Es macht Spaß, zu sehen, dass wir Schritt für Schritt vorankommen“, beschrieb Phil van der Meeren aus der 10. Klasse seine Motivation zur Teilnahme.
Auch einige bauliche Maßnahmen werden die Schüler selbst unter Anleitung ihrer Lehrer vornehmen können, etwa die Pflasterung des Baugrundes und die Gestaltung der Sitzelemente für den Pavillon. Das Bauwerk selbst soll über einen Anbieter erworben und errichtet werden — aus Sicherheitsgründen ist das nicht in Eigenleistung möglich. Der Bauprozess ist für den Herbst geplant ; spätestens am 4. Mai 2019 muss das neue „Freiluftklassenzimmer“ nutzbar sein — dann aber als Grillhütte. Denn dann wird das Ergebnis des KidS-Projekts am „Tag der offenen Tür“ allen Interessierten öffentlich vorgestelllt werden.