Schulbau : Landschaft bildet
15. August 2022
In dieser Woche findet der Fachkongress Schulbau statt. Er behandelt Aspekte des neuen Schulbaus und vorbildliche Beispiele aus der Praxis. Ort des Geschehens ist die Bildungslandschaft Altstadt-Nord in Köln — ein Ort des Lebens und des Lernens. — Ein Blick auf die Freiraumgestaltung zeigt, welche Rolle Landschaftsarchitektur in diesem Zusammenhang spielt.
Bildung und Landschaft als dialektisches Doppel verwandeln sich nördlich der Kölner Innenstadt in einen urbanen Ort, an dem die Bildung als gesellschaftlicher Auftrag Gestalt annimmt. Zugegeben, das klingt abstrakt. Doch die „Bildungslandschaft Altstadt Nord“ spiegelt nicht nur ein neues pädagogisches Verständnis von Schule, Erziehung und Wissensvermittlung wider, sondern auch die damit verbundenen innovativen Planungsansätze.
Die überkommene Lehranstalt mit Klassenzimmern, Mensa, Turnhalle und umzäuntem Pausenhof hat längst ausgedient. Die Schule von heute ist ein fließender Zusammenhang von offenen und geschlossenen Räumen, in denen Heranwachsende geschützt, aber nicht abgeschottet lernen, spielen, forschen und toben können. Dazu gehört auch die unmittelbare Umgebung selbst, die als Teil der Stadt erkennbar bleibt und sich dennoch als Bildungslandschaft bewähren muss. Ein solcher Ort verlangt nicht nur nach angemessenen baulichen Formen und Gebäuden, sondern auch nach einer planerischen Lösung für die Frage, wie sich das Verhältnis zwischen dem geschützten Bereich einer Bildungsinstitution und der umgebenden Stadt mit den Mitteln der Landschaftsarchitektur moderieren lässt.
Ausgangspunkt der Planung ist neben einem bestehenden Schulgebäude aus den 1950-er-Jahren der weitläufige Klingelpützpark, der als Bezugsrahmen für die Anlage der geschwungenen Wegeführung in das fast mittelalterlich anmutende Gefüge der Neubauten dient. Die kantigen, unterschiedlich großen Einzelgebäude mit ihrer einheitlichen, sehr zurückhaltenden Fassadengestaltung formieren sich zu einem luftigen Cluster, in dem die Differenzierung nach Grundschule, Kindergarten, Studienhaus und Realschule über die Gestaltung der verschiedenen Außenräume erfolgt.
Offene Bereiche wechseln sich mit abgeschirmten Situationen ab, sodass eine ausgewogene Folge von unterschiedlichen Stimmungen entsteht. Während die Grundschule über einen geschützten Pausenhof verfügt, können sich die Jüngsten auf einer Spielterrasse auf dem Dach des niedrigen Kita-Gebäudes tummeln.
Zäune oder Abgrenzungen zwischen den einzelnen Altersgruppen sind nicht nötig ; der gemeinsam geteilte Freiraum ist so angelegt, dass sich die Bereiche gewissermaßen unbewusst und intuitiv aneignen lassen. Auch das zentral platzierte Studienhaus mit einer Bibliothek steht allen offen. Die Gassen und Piazzi in diesem Teil des Geländes verbinden die Gebäude untereinander und schreiben so das öffentliche Wegenetz im Inneren des Campus fort, wodurch sie ihn an die Stadt anschließen.
Zur gemeinsam genutzten Mensa führt ein Weg durch den Klingelpützpark, der auch von den Anwohnern gern aufgesucht wird und dafür sorgt, dass das Campus-Leben mit dem Alltag ringsum verbunden bleibt. Er ist zugleich ein durchgrünter Schulhof-Ersatz : Angesichts der Schülerzahl wäre für einen abgezäunten Pausenbereich unter freiem Himmel schlichtweg kein Platz gewesen.
Doch so streng wird zwischen den Unterrichtseinheiten und der freien Zeit hier ohnehin nicht mehr getrennt. Wenn das Wetter gut ist, werden die Freiflächen zum Klassenraum, und ob sich die lesenden Jugendlichen auf der hölzernen Treppe vor der Bibliothek gerade in einen Text von Goethe vertiefen oder in den aktuellsten Gruppen-Chat – sie lernen.
Bildungslandschaft Altstadt Nord, Köln
Bauherr : Gebäudewirtschaft und Amt für Stadtentwicklung der Stadt Köln
Landschaftsarchitektur : Topotek 1, Berlin
Architektur : gernot schulz : architektur, Köln
Fertigstellung : 2020
Termin
Fachkongress Schulbau 2022, 19. August, 9.30−16.30 Uhr, Abendgymnasium Köln in der Bildungslandschaft Altstadt-Nord, Gereonsmühlengasse 4
50670 Köln.